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Freispruch in einem Mordverfahren wegen Unverwertbarkeit von DNA-Spuren

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Freispruch in einem Mordverfahren wegen Unverwertbarkeit von DNA-Spuren

Fachanwalt des Strafrechts Herr Christian Nordhausen - Foto: DavidHarex.com

Freispruch in einem Mordverfahren

wegen Unverwertbarkeit von DNA-Spuren

 

Meinem Mandanten wurde vorgeworfen, im Dezember 2016 seine Nachbarin in ihrer Wohnung getötet und in der Wohnung nach Wertgegenständen gesucht zu haben. Beide wohnten in einem Mehrfamilienhaus in derselben Etage. Zeugen für die Tat gab es nicht. Indizien waren mehrere DNA-Spuren meines Mandanten an dem Leichnam sowie an einem Gegenstand in der Wohnung der Nachbarin.

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Mordes gegen meinen Mandanten und warf ihm vor, seine Nachbarin aus Habgier getötet zu haben.

Die Hauptverhandlung begann im Oktober 2017. Von besonderer Bedeutung für das Verfahren war für mich der Sonderband „Kriminaltechnische Untersuchungen und Berichte.“ In diesem befanden sich nämlich mehrere Spurensicherungsprotokolle, die die sichergestellten Spuren, darunter auch Abriebe an der Leiche und einer Vielzahl von Gegenständen in der Wohnung der Geschädigten aufführten. Beim Studium dieser Protokolle fiel mir auf, dass die Spurnummernvergabe nicht chronologisch war. Weiterhin fand ich heraus, dass Spurnummern mehrfach vergeben wurden.

Es wurde durch mich im Rahmen der Hauptverhandlung herausgearbeitet, dass das Landeskriminalamt, welches die Spuren auswertete, ein Spurensicherungsprotokoll erhalten hatte, welches erheblich von dem in dem genannten Sonderband befindlichen Spurensicherungsprotokoll abwich. Die beiden Protokolle unterscheiden sich dadurch, dass teilweise andere Spurnummern vergeben wurden. Zudem war auffällig, dass die Protokolle an mehreren Stellen unterschiedliche Fundorte von Spuren benannten. Ich stellte eine Vielzahl von Anträgen, die sich mit diesen Widersprüchen befassten. Im Mai 2018 beauftragte das Gericht das Bundeskriminalamt Wiesbaden, das Gericht zur Beantwortung der Fragen, ob die Tatortarbeit/Spurensicherung den allgemeinen kriminaltechnischen Standards entsprach, sachverständig zu beraten. Aus diesem Grund wurde die Beweisaufnahme in wesentlichen Teilen wiederholt. In Anwesenheit der Sachverständigen des Bundeskriminalamts wurden erneut die Kriminaltechniker und die Polizeibeamten, die am Tatort waren, vernommen.

Die Sachverständigen kamen zu dem Ergebnis, dass es zu primären DNA-Kontaminationen bei der Spurensicherung gekommen ist, weil bei einer Nutzung nur von Teilen der Schutzkleidung der Kontaminationsschutz nicht gewährleistet ist. Die Sachverständigen stellten weiter fest, dass es zu sekundären DNA-Kontaminationen kam, da der Kontaminationsschutz zur DNA-Sicherung nicht gewährleistet sein kann, wenn Teile der Schutzausrüstung durch die Kriminaltechniker vorher angezogen wurden. Zusammenfassend erzielten die Sachverständigen das Ergebnis, dass sowohl der Standard als auch die Verfahrensanweisungen des Landeskriminalamts durch die Spurensicherung nicht beachtet wurden, sodass eine Kontamination des Spurenmaterials nicht auszuschließen ist.

Nach alldem wurde der Angeklagte im Mai 2020 vom Vorwurf des Mordes freigesprochen.